Neuer Standard zur Klassifizierung von Kunststoff-Rezyklaten veröffentlicht

Schub fürs Kunststoff-Recycling

Die neue DIN Spec 91446 legt ein System fest, um Kunststoffrezyklate entsprechend der Datentiefe ihrer Beschreibung einzustufen und baut so bestehende Hindernisse für ihren industriellen Einsatz ab

Riesige Mengen Kunststoff schaffen es nicht in den Recycling-Kreislauf, sondern landen in der Verbrennung. Hinzu kommt: hochwertige Kunststoffrezyklate sind teilweise nicht verfügbar und der Einsatz ist in einigen Fällen noch teurer als Neuware. Kunststoffabfälle zu Rezyklaten aufzubereiten, die sich erneut in gleich- oder höherwertigen Produkten einsetzen lassen, ist bis heute eine Herausforderung. Denn die Materialqualität schwankt und bislang fehlte eine nach Informationstiefe abgestufte und einheitliche Beschreibung der Rezyklate aller Polymerarten und deren Qualität. Das soll sich jetzt ändern - mit der neuen DIN Spec 91446 „Klassifizierung von Kunststoff-Rezyklaten durch Datenqualitätslevel für die Verwendung und den (internetbasierten) Handel“.

Die DIN Spec 91446 ermöglicht es, Kunststoffrezyklate nach vier unterschiedlich umfangreichen Datenqualitätsstufen zu klassifizieren. Der neue Standard soll den Akteuren entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine konsistente Kommunikation erleichtern. „Eine gemeinsame Sprache und klare Definitionen sind wesentlich, um funktionierende Kreisläufe zu schaffen und so eine Circular Economy im Bereich Kunststoffe aufzubauen“, sagt Professor Dr. Hans-Josef Endres vom IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik der Leibniz Universität Hannover, der gemeinsam mit seiner Kollegin Dr. Madina Shamsuyeva das Konsortium zur Erarbeitung der DIN Spec 91446 geleitet hat. „Die neue DIN Spec steht dafür allen Akteuren im Bereich Kunststoff zur Verfügung: Anwendern, Verarbeitern, Recyclern und Entsorgern. Aber auch Forschung und Politik können sie nutzen.“

Kreisläufe schließen

Die DIN Spec 91446 liefert umfassende Vorgaben zu Datenmenge und -qualität für die Materialklassifizierung. Sie legt ein System fest, um Kunststoffrezyklate entsprechend der Datentiefe ihrer Beschreibung einzustufen. So baut sie bestehende Hindernisse für ihren industriellen Einsatz ab. Zudem definiert sie, wie sich Rezyklate und Rezyklatanteile von Kunststoffmaterialien eindeutig kennzeichnen lassen. Der Standard enthält grundsätzliche Regelungen für nicht klar definierte oder unterschiedlich verwendete Begriffe bei Inputmaterial, Recyclingprozessen und Kunststoffrezyklaten als Werkstoffen. „Standards für Kunststoff-Rezyklate sind für einen hochwertigen Einsatz in der Industrie zentral - alle Akteure der Wertschöpfungskette brauchen verlässliche Informationen darüber, was in den Materialien steckt, damit ein internationaler Markt für Rezyklate möglich wird. Der neue Standard liefert eine wichtige Grundlage, um die Kreislaufströme im Bereich Kunststoff zu schließen und den breiten und wirtschaftlichen Einsatz hochwertiger Rezyklate voranzutreiben“, erklärt Christian Schiller, Initiator der DIN Spec und Geschäftsführer bei Cirplus, einer Internetplattform für den Handel mit Rezyklaten und Kunststoffabfällen. Die DIN Spec 91446 dient zunächst als Basis für den Handel und den Einsatz von Kunststoffrezyklaten, bietet aber auch Spielraum für künftige anwendungsspezifische Normen und Standards. Zudem soll sie die Grundlage für eine Europäische Norm bilden. Ein Antrag wird demnächst eingebracht.

Gesamte Wertschöpfungskette vertreten

Ein Konsortium aus Wirtschaft und Forschung hat die DIN Spec 91446 erarbeitet. Die 16 Mitglieder bilden den gesamten Recycling-Wertschöpfungskreislauf ab. Beteiligt waren mit Steinert und Tomra Systems Hersteller von Sortiersystemen, die Abfallverwerter Der Grüne Punkt - Duales System Deutschland und Remondis Recycling, Recycler MKV Kunststoffgranulate und MRS Materials Recycling Solutions und Kunststoffverarbeiter Greiner Packaging sowie Polifilm Extrusion. Ebenfalls mit dabei waren die Verbände Bundesverband der Deutschen Entsorgungs-, Wasser-, und Rohstoffwirtschaft (BDE), der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), und das IKK - Institut für Kunststoff- und Kreislauftechnik - Leibniz Universität Hannover; außerdem das Institut für Kunststoffverarbeitung (IKV) in Industrie und Handwerk an der RWTH Aachen als Forschungseinrichtungen, die Prüflabore Kunststoff-Institut Lüdenscheid und SKZ - Testing, der Maschinenbauer Krauss-Maffei Group sowie die Cirplus als Beschaffungsplattform.