
Die Tarifverhandlungen für die kunststoffverarbeitende Industrie in Hessen sind am 23. Januar 2025 in Wiesbaden in die zweite Runde gegangen. Allerdings wurden sie nach intensiven Gesprächen zwischen dem Arbeitgeberverband Hessen-Chemie und der Gewerkschaft IGBCE erneut vertagt. Bereits zum Verhandlungsauftakt am 04. Dezember 2024 hatte die Gewerkschaft eine Erhöhung der Entgelte um 8,5 Prozent, der Ausbildungsvergütungen um pauschal 150 Euro, tarifliche Regelungen zur Wertschätzung der IGBCE-Mitglieder sowie eine Laufzeit des neuen Entgelttarifvertrages von zwölf Monaten gefordert.
Diese Forderung sei in Zeiten von Sparprogrammen, Kurzarbeit, Einstellungsstopps und Personalabbau in dieser Höhe nicht durchsetzbar, so die Arbeitgeberseite. Bei der Fortsetzung der Verhandlungen verwies die Unternehmerseite daher jetzt auf die anhaltend schlechte Wirtschaftslage.
Arbeitgeberseite fordert krisenadäquaten Abschluss in den laufenden Tarifverhandlungen
„2024 war erneut ein Rezessionsjahr: Das Bruttoinlandsprodukt ist um 0,2 Prozent gesunken, nachdem es 2023 bereits um 0,3 Prozent zurückging. Eine solche wirtschaftliche Talfahrt gab es zuletzt vor über 20 Jahren. 2025 droht jetzt ein drittes Jahr ohne Wachstum. Wir manövrieren die kunststoffverarbeitende Industrie durch schwieriges Fahrwasser und brauchen daher einen krisengerechten Tarifabschluss”, sagt Angelika Teppe von Almo-Erzeugnisse Erwin Busch als Verhandlungsführerin der Arbeitgeberseite.
IGBCE will in den Betrieben Stärke zeigen
„Unsere Positionen liegen nach wie vor weit auseinander“, sagt Philipp Mundt, Verhandlungsführer der Kunststoffgewerkschaft IGBCE. Bis zur nächsten Verhandlungsrunde, die am 04. Februar beginnt, wollen die Gewerkschaftsmitglieder daher mit Aktionen in den Betrieben ihrer Forderung Nachdruck verleihen. Philipp Mundt: „Wir haben vor Ort eine sehr starke Basis. Das werden wir nun zeigen. Die Tarifrunde findet die nächsten zwölf Tage in den Betrieben statt.“
„Vieles von dem, was sich die Arbeitgeber wünschen, ist für unsere Mitglieder nicht akzeptabel“, sagt Philipp Mundt. Dazu gehören etwa Einschnitte bei der Altersfreizeit, einer tarifvertraglichen Regelung, die es älteren Arbeitnehmern ermöglicht, weniger zu arbeiten. „Für die Altersfreizeit, die es schon seit Jahrzehnten gibt, haben unsere Gewerkschaftsmitglieder hart gekämpft. Sie aufzuweichen, kommt nicht in Frage.“
Daten untermauern wirtschaftliche Lage
Die Ergebnisse der jüngsten IW-Verbandsumfrage verdeutlichen die Herausforderungen: 31 von 49 befragten Wirtschaftsverbänden beurteilen die wirtschaftliche Lage ihrer Branche schlechter als vor einem Jahr. Der Ausblick bleibt pessimistisch, eine Trendwende ist nicht in Sicht. Besonders unter Druck steht die Kunststoff verarbeitende Industrie. Für 2025 werden nicht nur weitere Produktionsrückgänge, sondern auch Kürzungen bei den Investitionen erwartet. „Als Zulieferindustrie schlägt die Krise in unserer Branche voll durch“, erklärt Teppe.
Arbeitgeber lehnen Besserstellung von Gewerkschaftsmitgliedern ab
Die Forderung in der Tarifrunde nach „tariflichen Regelungen zur Wertschätzung von Gewerkschaftsmitgliedern” lehnen die Arbeitgeber ab. Denn eine solche Besserstellung würde zu einer Ungleichbehandlung innerhalb der Belegschaften führen.
Fortsetzung der Tarifverhandlungen am 04. und 05. Februar 2025
Der Landesbezirk und die Bezirke der IGBCE betreuen in den Bundesländern Hessen und Thüringen rund 73.000 Mitglieder. Im Arbeitgeberverband Hessen-Chemie sind 310 Mitgliedsunternehmen mit 105.000 Beschäftigten der chemisch-pharmazeutischen und kunststoffverarbeitenden Industrie zusammengeschlossen. Die Fachabteilung Kunststoffverarbeitende Industrie umfasst 38 Unternehmen mit rund 5.500 Beschäftigten. Die dritte Verhandlungsrunde ist für den 04. und 05. Februar 2025 vorgesehen. Die Tarifvertragsparteien treffen sich dazu in Niedernhausen.